Menschenhandel in Burma

Ein schreckliches Thema – Menschenhandel in Burma von Ulrike Bey

Die größten und zahlreichsten “Absatzmärkte” liegen in Thailand und China

Mit fünfzehn entschloss sich Mai aus Kengtung im burmesischen Shan-Staat, für ihre Familie in Thailand Geld zu verdienen. Sie verkaufte Ihren Körper. Ihre allein stehende Mutter konnte für sie und ihre sechs Geschwister nicht mehr aufkommen. Ein “Vermittler” zahlte 10.000 Baht (250 US-Dollar). Im thailändischen Mae Sai arbeitete Mai drei Monate unbezahlt in einem Bordell, bis sie ihre “Schulden” abgearbeitet hatte. Später wurde sie an ein Freudenhaus in Chiang Mai verkauft, wo die heute 20jährige lebt.

Diese Geschichte ist typisch für viele junge Frauen und Mädchen aus Burma. Seit mehr als vierzig Jahren herrscht dort eine Militärdiktatur, die verantwortlich ist für jahrzehntelanges Missmanagement, schlechte Wirtschaftspolitik, eine illegale Schattenwirtschaft und massive Menschenrechtsverletzungen. Staatsausgaben werden in den Militärapparat gesteckt statt in die dringend benötigte Grundversorgung der Bevölkerung. Heute gehört Burma, einst eines der reichsten Länder Asiens, zu den Least Developed Countries. Der Großteil der 50 Millionen-Bevölkerung lebt in Armut. Neben der Armut ist die Bevölkerung dem täglichen Terror ausgesetzt. Bei der Bekämpfung von Widerstand erfahren insbesondere Zivilisten der ethnischen Minderheiten willkürliche Zwangsumsiedlungen, Zerstörung und Konfiszierung der Ernten, Tötungen und Zwangsarbeit durch das burmesische Militär.

Die Armut und die tägliche Bedrohung führen dazu, dass viele Menschen nach besseren Überlebensmöglichkeiten im Ausland suchen. Menschenhändler nutzen diese Situation aus und bieten den ärmsten Familien Geld für ihre Kinder unter der Vorgabe, für diese eine lukrative Arbeit im Ausland zu finden. Die Kinder leisten Dienste als Haushaltshilfen, Fabrikarbeiter oder als Sexarbeiterinnen. Sie müssen zuerst ihre “Schulden” gegenüber Händlern und Fabrik- oder Bordellbesitzern abarbeiten, werden vielfach weiter verkauft. Illegal und ohne Sprachkenntnisse sind sie besonders leicht Ausbeutung und Missbrauch ausgesetzt. In den Bordellen Thailands sind vor allem junge Frauen aus Burma gefragt. Die Mädchen wissen häufig nichts über die Gefahren ungeschützten Geschlechtsverkehrs oder ihnen wird aus Geschäftsgründen untersagt, auf der Benutzung von Kondomen zu bestehen. Viele der jungen Frauen infizieren sich mit HIV.

Es gibt keine verlässlichen Angaben über das Ausmaß des Menschenhandels in Burma und über seine Grenzen hinweg. Die größten Absatzmärkte sind das wirtschaftlich überlegene Thailand, zunehmend auch die Grenzstädte Chinas und südchinesische Provinzen. In einigen Fällen geht der Verkauf sogar bis nach Japan, Australien oder in die USA. Menschenhändler-Netzwerke verlassen sich bei ihren Aktivitäten auf die Kooperation korrupter Beamter auf beiden Seiten der Grenze. Gerade Burma zählt nach Einschätzung der Organisation Transparency International zu den fünf korruptesten Ländern der Welt.

Doch auch innerhalb Burmas werden Menschen von ländlichen in städtische Gebiete als Haushaltshilfen oder Zwangsarbeiter verkauft, Kinder als Soldaten rekrutiert. Die Regierung hat weder die Kapazitäten noch den politischen Willen, diese illegalen Aktivitäten zu unterbinden. Hochrangige Offiziere haben zum Teil erheblichen Anteil an Geschäften mit Drogen, Teakholz und Edelsteinen und auch mit Menschen.

Ein Beispiel kann verdeutlichen, dass der Jahrzehnte andauernde Konflikt mit der Diskriminierung der ethnischen Minderheiten zusammenhängt. Die Familie von Naw Doh, einer Angehöriger der Karen, wurde auf dem Weg zur Feldarbeit von burmesischen Soldaten abgefangen. Die Soldaten töteten ihren flüchtenden Mann und Sohn, nahmen Naw Doh und ihre beiden kleinen Töchter gefangen. Nach einigen Monaten im Armeelager wurde sie in die Hauptstadt Rangun verschleppt, um im Haushalt eines Offiziers zu arbeiten. Kurz darauf wurde sie von ihrer siebenjährigen Tochter getrennt, die bei einem anderen Offizier Hausarbeit verrichten musste. Sie konnte ihre Tochter seitdem nur einmal sehen. Eine Bezahlung für ihre Arbeit hat sie nie erhalten. Naw Doh gelang schließlich die Flucht und sie konnte in ihr Dorf zurückkehren, wo sie für ihre jüngere Tochter sorgt. Über das Schicksal ihrer älteren Tochter ist ihr nichts bekannt.

Blühende Prostitution trotz Verbot

Obwohl Prostitution in Burma gesetzlich verboten ist, erfährt sie derzeit eine Blüte. Polizei und Beamte profitieren vom Geschäft und lassen die Bordellbesitzer gewähren. Doch auch einige Führer von ethnischen Waffenstillstandsgruppen, bekannte Drogenbarone, eröffneten in Rangun unter Billigung des Militärs Bordelle, die als Massagesalons oder Karaoke-Bars geführt werden. Die dort arbeitenden Mädchen und jungen Frauen kommen zumeist aus dem Shan-Staat. Armeeangehörige, wohlhabende Geschäftsleute, auch Minister und Touristen gehören zu den regelmäßigen Kunden. LKW-Fahrer und Soldaten suchen vor allem die billigen Bordelle in den Grenzgebieten auf und tragen so zur rasanten Verbreitung von HIV/AIDS bei. Zeitweilig versuchte die Regierung zwar, die Prostitution zu unterbinden, indem sie die Reisefreiheit von jungen Frauen beeinträchtigte und die Ausgabe der Pässe für Burmesinnen beschränkte. Doch konnte sie den Trend kaum stoppen. Auf Staatsebene wollen die Länder der Mekong-Region – Thailand, Kambodscha, Burma, Laos, Vietnam, China – den Menschenhandel eindämmen. Ein Abkommen zur Bekämpfung des Menschenhandels in der Region soll abgeschlossen werden. Erst im Januar flog ein Menschenhändlerring in Südchina auf, der mit Babys u.a. aus Burma handelte, die teilweise noch keine Woche alt waren. Doch die Vereinten Nationen beklagen, dass noch immer nicht genug getan werde, um das Problem zu lösen. Die geplante Öffnung der Grenzen in der Region – zur Erleichterung des Warenverkehrs und der Bewegungsfreiheit von Personen – wird auch dem Menschenhandel weiter Vorschub leisten. Die ehrgeizige Erschließung der Mekong-Region für den Tourismus wird die Probleme eher verschärfen als beheben.

Tourism Watch –Informationsdienst Tourismus und Entwicklung